Ein KI-generiertes Symbol-Bild, erstellt mit Microsoft Designer — Muslime beim Totengebet.

Kurz notiert: Kondolenz und Totengebet

In letzter Zeit sehe ich zwei Verhaltensweisen, die nicht nur das Wesen von Trauerfeiern attackieren, sondern auch eine Form der fehlenden Pietät gegenüber Verstorbenen und der Trauergemeinde ausdrücken. Der Bruch zwischen Muslim:innen, Islamist:innen und Verbänden wird immer deutlicher.

Totengebete sind eine Pflicht für diejenigen, die gerade verfügbar sind. Das Verrichten des Totengebets durch Muslim:innen befreit andere Muslim:innen von dieser gemeinschaftlichen Pflicht. Doch der Moment der Ruhe und Einkehr, um den verstorbenen Menschen die letzte Ehre zu erweisen und die letzte Pflicht gegenüber der verstorbenen Person zu erfüllen, wird immer häufig gestört. Das liegt an politischen Botschaften, genauso wie an pietätloser Bettelei.

Immer häufiger nutzen islamistische Gruppierungen Totengebete und Kondolenz-Veranstaltungen, um für ihre politischen und extremistischen Ziele zu werben. So wurde ich bereits Zeuge, wie bei einem gänzlich unpolitischen Menschen, das Thema Kalifat in der Trauerrede von einem sektiererischen Muslim so hoch gehalten wurde, dass es mir peinlich wurde, überhaupt an diesem Totengebet teilgenommen zu haben.

Nicht nur Probleme im islamistischen Milieu

Wo finden extremistische Stichwortgeber:innen auch sonst so viele Menschen beisammen, die auch noch zuhören müssen? Die Familie des Verstorbenen nahm in besagter Situation das Gesagte einfach hin und rückte es nicht gerade. Es gab keinen Protest und man ergab sich der Lobhudelei für eine politische Vernichtungsideologie. Und das wird uns als “Islam” verkauft, wobei es eigentlich nur fehlenden Respekt vor der verstorbenen Person, seiner Familie und seinen Freund:innen ausdrückt.

Dass wir solche Probleme nicht nur im islamistischen Milieu haben, wurde mir dann erst kürzlich wieder vor Augen geführt. In einer Verbandsmoschee haben wir uns zusammengefunden, um gemeinsam einer verstorbenen Person zu gedenken und anschließend das Totengebet zu verrichten. Es wurde Koran rezitiert, mit einer wirklich sensiblen Ansprache der verstorbenen Person gedacht und bis hierhin war alles gut.

Immer das Gleiche mit den Verbänden

Aber natürlich sind Verbände keine Verbände, wenn man nicht in diese Trauersituation eine bescheuerte Aktion mit einbaut, die den wahren Charakter und das Ziel dieser Organisationen immer wieder offenbaren. In diesem Fall war es ein kurzer Moment, in dem man sich in Grund und Boden schämen oder den Verantwortlichen am liebsten einen auf den Hinterkopf knallen wollte.

Vertreter, einer unbedeutenden Institution, riefen in einem Zwischenruf dazu auf, für ihren “echt Not leidenden Bau” Geld zu spenden. Man möge mich nicht falsch verstehen. Ich verstehe finanzielle Sorgen. Das Thema hat jedoch weder mit der verstorbenen Person direkt zu tun, noch passt eine solche Aufforderung in den Rahmen einer Trauerfeier. Seit 40 Jahren läuft es bei den Verbänden schließlich immer darauf hinaus, dass man in finanzieller Not steckt. Nachhaltig bauen oder ordentlich im Voraus finanzieren, kommt nie in den Sinn. Das wäre ja auch professionell.

Geht es euch eigentlich nur noch ums Geld?

Die Gemeinde unterdessen wird beim Trauern damit konfrontiert, ihre Hände in die Taschen zu stecken und Geld zu spenden. Derweil merken die Oberen in den Verbandsmoscheen nicht einmal mehr, wie pietätlos solche Aufforderungen, eingequetscht in einem solchen Rahmen, wirken. Es bricht niemanden das Genick, wenn man Sammlungen für solche Projekte verschiebt. Aber das würde ja “Flexibilität” und “Mitgefühl” erfordern.

Die Kluft zwischen Basis und Vorständen wird meines Erachtens gerade durch solche Aktionen immer größer und man stellt sich rhetorisch die Frage: “Geht es den Verbänden eigentlich noch um die Menschen oder dreht sich in diesen Organisationen alles nur noch ums Geld? Oder war es vielleicht immer so und es wird jetzt immer auffälliger?”

Muslim:innen — entwurzelt und nirgendwo zugehörig

Ich finde, dass beide genannten kurzen und einfachen Beispiele zeigen, dass es gar nicht mehr auf solchen Anlässen darum geht, den Verstorbenen zu gedenken. Den Islamist:innen geht es um die Rekrutierung neuer Anhänger für ihre Ideologie und der Erreichung von politischen Zielen, während die Verbände Gelder für ihre horrend teuren und überschuldeten Projekte erbetteln wollen.

Am Ende fühlen sich Muslim:innen in Deutschland entwurzelt und nirgendwo zugehörig. Es fehlt an Feingefühl für die Bedürfnisse der menschlichen Seele in Momenten der Trauer. Irgendwie dann doch gefühlt überall…

Akif Şahin

Akif Şahin aus Hamburg. Arbeite als SEO-Manager für eine der größten Bildungs-Gruppen in Europa. Als Muslim interessiert mich die Geschichte und Kultur des vorderen Orients. Auf diesem Blog gibt es Einsichten, Aussichten und Islamisches.

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