Ein schönes Bouquet, einen bunt gemischten Blumenstrauß, hatte er für sie ausgesucht. Die Blumen wurden, wie über das Internet angefordert, pünktlich zur Mittagspause ins Büro geliefert. Beigelegt war eine kleine, aber feine, Auswahl an Schokolade und eine Karte. Sie liebte Schokolade und war selbst mindestens so süß wie eine zartbittere Tafel.
Die Geste allein zählt, sagt man sich immer so schön. Sie hielt nicht viel von solchen Gesten. Sie spielte aber ihm zuliebe trotzdem mit. Valentinstag — ein erfundenes Fest, damit sich einige Menschen echauffieren und andere freuen können. Verliebte, wie er, nahmen solche Anlässe sehr ernst. Die eigentliche Überraschung für diesen Tag hatte er schließlich für den Abend geplant.
Er hatte ein Ticket gekauft und war bereits auf dem Weg zu ihr. Sie wusste nichts und er wollte sie einfach überraschen. In seiner Vorstellung würde er sie kurz nach Feierabend vor dem Eingang ihres Büros abfangen und dann gemeinsam mit ihr in die Bahn steigen und sie bis zu ihrer Endstation nach Hause begleiten. Statt der allabendlichen Telefon-Gespräche im Zug würde es ein echtes Gespräch im Zug werden.
Dann würde er sich verabschieden und wieder zurückfahren. 10 Stunden Fahrt insgesamt. Eine Herausforderung. Oder wie Shakespeare sagt: “Der Narben lacht, wer Wunden noch nie gefühlt.” Doch während der Fahrt kam ihm wieder dieser eine Gedanke. Was ist, wenn sie die Überraschung überhaupt nicht gut findet? Er besann sich auf seinen Instinkt und fragte sie einfach.
Sie lehnte aber direkt ab. Es war ein stressiger Tag und wenn er vorbeischaut, wäre es einfach nicht gut. Er hatte Verständnis dafür. Er konnte ihr aber nicht sagen, dass er bereits unterwegs war und sagte deshalb nichts. Er wollte ihr kein schlechtes Gewissen machen und schon gar nicht unter Druck setzen. Er fuhr runter bis nach Frankfurt an diesem Tag. Verbrachte den Tag dort, sprach mit ihr am Abend kurz und fuhr in der späten Nacht zurück.
Das Geld und die Zeit waren alles egal. Er wollte einfach nett sein, alles richtig machen und machte damit vermutlich alles falsch. Die Zeit verging, und das, was man hatte, zerbrach, bevor es überhaupt begonnen hatte. Er bereute die Dinge, die er nicht getan hatte. Und er bereute die Dinge, die er getan hatte.
Ein Jahr später schrieb er nach einem netten Abendessen mit Freunden, die ihn fragten, was eigentlich aus der Geschichte geworden sei, eine WhatsApp. “Happy Valentines Day” stand da in kleinen Lettern geschrieben. Zwei Minuten nach dem Versand löschte er die Nachricht für alle. Manche Dinge sollen nicht sein.