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AfD: Kommt jetzt ein Partei- und Politikverbot?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die Gesamtpartei „Alternative für Deutschland“, kurz AfD, als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Bisher war die Partei durch den Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft worden. Jetzt scheint sich verdichtet zu haben, was bereits Expert:innen seit Längerem behaupten: Die AfD ist eine rechtsextreme Partei.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach eigener Darstellung eine intensive und umfassende gutachterliche Prüfung vorgenommen. Der AfD scheint dabei vor allem ihre Islam- und Muslimfeindlichkeit zum Verhängnis geworden zu sein. Der Bundes-Verfassungsschutz prüfte neben der Programmatik und Verlautbarungen auch Äußerungen und Verhaltensweisen der Vertreter:innen der Partei.

Problematisches Volksverständnis mit Islam- und Muslimfeindlichkeit gepaart

Dabei tauchten anscheinend immer wieder Hinweise auf die Menschenwürde verletzende Äußerungen und das grundsätzlich mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung inkompatible ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis auf. Dieses Verständnis ziele laut BfV darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie ungleich zu behandeln und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen.

Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes.

Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz

Der Verfassungsschutz scheint auch eine Vielzahl von getätigten „fremden-, minderheiten- sowie islam- und muslimfeindlichen Äußerungen“ von führenden Funktionärinnen und Funktionären der Partei dokumentiert zu haben.

Insbesondere die fortlaufende Agitation gegen Geflüchtete beziehungsweise Migrantinnen und Migranten befördert die Verbreitung und Vertiefung von Vorurteilen, Ressentiments und Ängsten gegenüber diesem Personenkreis. Die Abwertung der vorgenannten Personengruppen zeigt sich auch in der pauschalisierenden Verwendung von Begriffen wie „Messermigranten“ oder in der generellen Zuschreibung einer ethnokulturell bedingten Neigung zu Gewalt durch führende Mitglieder der AfD.

Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz

„Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der Alternative für Deutschland um eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung handelt. Dieser Befund fußt auf einer äußerst sorgfältigen gutachterlichen Prüfung, die einen Zeitraum von rund drei Jahren umfasst“, erklärten Vizepräsident Sinan Selen und Vizepräsidentin Dr. Silke Willems zu der Neueinstufung der Partei.

Maßgeblich für die Bewertung sei das die AfD prägende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis gewesen. Dieses werde ganze Bevölkerungsgruppen in Deutschland ab und verletze diese in ihrer Menschenwürde. Dieses Volksverständnis konkretisiere sich in einer insgesamt migranten- und muslimfeindlichen Haltung der Partei.

Kommt jetzt das AfD-Verbot?

Bereits vor diesen Erkenntnissen waren die Forderungen nach einem Parteiverbot sehr laut geworden. Tatsächlich sind die Hürden für ein Parteiverbot in Deutschland sehr hoch. Dies hat sich bereits bei den damaligen Verbotsbemühungen um die rechtsextremistische NPD gezeigt, die am Ende nicht von Erfolg gekrönt gewesen sind. Dennoch sollte der Schritt gegangen werden, um tatsächliche Strukturen zu zerschlagen und die Öffentlichkeit endlich davon zu überzeugen, dass Rechtsextremismus in unserer Demokratie keinen Platz haben darf.

Allerdings sind Parteiverbote nicht die einzigen Instrumente des Rechtsstaats. Es ist auch möglich, bestimmte Akteur:innen der AfD grundsätzlich von der Politik auszuschließen. Politikverbote sind in Deutschland nicht nur über Parteiverbote, sondern auch über die sog. Grundrechtsverwirkung möglich.

In diesem Fall könnten gerade Politiker:innen aus der AfD, die eine konkrete Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen, direkt nach Anhörung durch das Bundesverfassungsgericht aus dem Verkehr gezogen werden. Bisher hat es allerdings noch keinen einzigen Fall in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben, in dem dieser massive Eingriff in die Grundrechte einer Person erfolgt ist.

Bewusstsein schaffen und politisch klare Grenzen ziehen

Viele Positionen der AfD sind mittlerweile auch in der Mainstream-Politik angekommen, inklusive verachtender Wortwahl und Verletzung der Menschenwürde von Betroffenen. Hier muss endlich deutlich klarer werden, dass es nicht im Interesse unserer Bundesrepublik sein kann, eine identische Wortwahl mit den rechtsextremen Parteien zu haben. Ebenso darf man nicht auf jeden Zug politisch aufspringen, weil man meint, damit die Rechtsextremen zu schwächen.

Was Deutschland braucht, ist eine klare Haltung und glaubwürdige Politik, die sich den Sorgen der Bürger:innen annimmt und dennoch dabei auf die Menschenwürde abzielt. In den vergangenen Wochen und Monaten des Wahlkampfes wurde hier keine klare Grenze gezogen, zwischen Positionen der politischen Mitte und des rechten Randes. Es bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass die Parteien der Mitte sich zurückbesinnen auf eine glaubwürdige und inklusive Politik.

Ein Parteiverbot der AfD mag diese schwächen oder gar vollständig in Vergessenheit geraten lassen, aber der politische Diskurs ist mittlerweile so stark vergiftet, dass es bei vielen Positionen kaum noch Unterschiede zwischen der politischen Mitte und dem rechten Rand gibt.

Akif Şahin

Akif Şahin aus Hamburg. Arbeite als SEO-Manager für eine der größten Bildungs-Gruppen in Europa. Als Muslim interessiert mich die Geschichte und Kultur des vorderen Orients. Auf diesem Blog gibt es Einsichten, Aussichten und Islamisches.

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