Immer wieder heißt es, unsere Demokratie sei in Gefahr. Als Blogger, der muslimische und türkische Wurzeln hat, kann ich das nur bestätigen. Statt auf Meinungsvielfalt zu setzen, sehen wir eine Verschärfung gesellschaftlicher Debatten, die polarisierend und vor allem unwürdig sind. Wir fangen an, Dinge, die selbstverständlich sind, infrage zu stellen. In den Debatten (egal ob öffentlich oder nicht) geht es nicht mehr um den Austausch von Meinungen und Positionen, es geht nur noch darum, wer am lautesten schreit. Das ist die Konsequenz aus der Konzentration auf leere Worthülsen. Demokratie wird überall vehement verteidigt, doch hat es persönlich für die Menschen keine echte Bedeutung mehr.

Während wir in Deutschland eine Tradition pflegten, in der wir die Demokratie hochgehalten und sie als wichtiges Element unserer Zukunft gepriesen und verteidigt haben, sind wir dazu übergegangen, auch dank der Politik, leere Worthülsen zu verkaufen, statt die Dinge mit Inhalten zu füllen. Jeder Mensch in Deutschland versteht unter Demokratie mittlerweile etwas anderes. Darauf setzen auch die Menschen, die immer wieder zum Schutz der Demokratie auffordern. Sie definieren nicht, was sie meinen. Sie müssen sich in öffentlichen Debatten auch nicht wirklich positionieren. Es bleibt bei Überschriften-Politik ohne echte Inhalte. Das Gleiche sieht man in Debatten um „unsere“ Werte. Wenn man nachfragt, was diese sein sollen, dann fehlt es an Antworten oder es wird gleich ausgewichen und abgelenkt. Dabei muss heute stärker erklärt werden, was man eigentlich wirklich meint.

Demokratie wieder mit Leben füllen

Die größte Herausforderung für unsere Zeit ist deshalb, die Frage, wie wir die Demokratie wieder hochhalten und sie mit Leben füllen. Unsere Demokratie hat Schaden genommen und sie ist bedroht. Sie wird von allen Seiten der Extremen bedroht und nicht nur durch eine neue rechtspopulistische Strömung, die den Weg in den Bundestag gefunden hat. Dies fängt bei der Beschneidung elementarer persönlicher und individueller Rechte an, bis hin zu Debatten über die Selbstbestimmung von Frau und Mann. Unser Maßstab sollte immer das Grundgesetz sein und sie sollte unsere Richtschnur sein. Doch leider verfallen alle Menschen der Versuchung, die Freiheiten, die schwer erkämpft wurden, infrage zu stellen und stattdessen über ihre Abschaffungen zu diskutieren.

Mich stört es beispielsweise sehr, wenn plötzlich für eine religiöse Minderheit wie Muslimen, nicht die gleiche Religionsfreiheit gelten soll oder wenn Parteien darüber nachdenken Sondergesetze für Muslime zu erlassen. Ebenso ist es nicht hinnehmbar, wenn laut darüber nachgedacht wird, elementare Teile unserer Verfassung abzuschaffen. Die Beschneidung unserer Freiheiten ist ein Risiko. Wir werden dadurch nicht mehr Sicherheit erhalten, sondern die Büchse der Pandora öffnen, wodurch wir alle Sicherheit und allen bitter nötigen Schutz verlieren. Dies ist eine Krise, die leider nicht erkannt wird. Statt einer verlässlichen Politik haben wir es mit Populismus auf allen Seiten zu tun. Dieser ist auf dem Vormarsch. Dabei zeigt sich aber: Die Menschen brauchen keinen Populismus, sondern Lösungen auf dringendste Fragen unserer Zeit.

Mut zu mehr Bildung und Demokratie

Nehmen wir das Beispiel der Bildung: Seit Jahrzehnten ist klar und durch Studien bewiesen, dass der soziale Background eines Schülers oder einer Schülerin Auswirkungen auf seine Noten und auch auf seinen gesellschaftlichen Aufstieg haben. Wer einen ungünstigen Namen trägt, wird diskriminiert. Bei gleichen Ergebnissen schneidet der Schüler oder die Schülerin mit dem falschen Nachnamen schlechter ab. Wenn wir von Demokratie sprechen, dann müssen wir uns auch darum bemühen, dass die Worte „Chancengleichheit“ und „Gleichheit“ tatsächlich auch umgesetzt werden. Sonst laufen wir weiterhin Gefahr, dass die Menschen nicht nach Leistung, sondern ausschließlich aufgrund ihrer Abstammung bewertet und begrenzt werden. Und das können wir uns überhaupt nicht leisten. Wir verlieren dadurch Talente und vor allem Ressourcen für die Zukunft.

Dabei bietet uns die Digitalisierung und auch das Internet eben die Werkzeuge, die Demokratisierung in Deutschland weiter voranzutreiben – gerade im Bildungsbereich. Noch nie in der Geschichte war es einfacher an Wissen heranzukommen. Noch nie in der Geschichte war es möglich, so schnell und so effizient die Bildungsmöglichkeiten – von bildungsfernen Schichten – voranzutreiben. Doch wir scheitern, weil wir die neue Technik weder richtig im Unterricht noch außerhalb davon einsetzen und nutzen. Dabei bietet die Digitalisierung, auch im Bereich Schule und Universität, mehr Chancen als Risiken. Wir versuchen aber immer noch mit den Methoden von gestern Werbung für die Demokratie zu machen, statt sie endlich zu pushen und Empowerment mit den Möglichkeiten unserer Zeit zu betreiben. Eine schreckliche Rolle spielen dabei auch die Menschen, die eben keine Digital Natives sind und anderen erklären wollen, wie alles zu funktionieren hat.

Recht auf Bildung und Erziehung

Und ja: Unsere Demokratie sucht immer den Ausgleich zwischen dem Recht auf Erziehung und dem Recht auf Bildung. Und ja, auch Eltern müssen entsprechend mitgenommen werden. Und ja: Die Eltern von morgen werden heute geboren. Auch hier muss man die Frage stellen, welche Erziehungskonzepte in unsere heutige Zeit passen. Wir haben auch weiterhin eine Lücke in diesem Bereich, weil sich nach der 68er Bewegung eine gewisse Anspannung auf zwei gegnerischen Feldern ergeben haben. Es braucht aber einen Ansatz, der eine Generation beispielsweise mitnimmt und ihre Eltern dazu befähigt das Beste für ihre Kinder zu entscheiden, ohne in den Bildungs- und Lernprozess einzugreifen. Gleichzeitig darf aber Bildung nicht dazu missbraucht werden, ein totalitäres System zu etablieren, oder eine unbedingte Staatshörigkeit aufzubauen.

Kritikfähigkeit ist das, was unsere Demokratie ausmacht. Wir haben nur verlernt, damit so umzugehen, wie die Generation vor uns das getan hat. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Die Generation vor uns, die noch mit den Ergebnissen des Krieges und dem Erbe der Nazi-Diktatur umgehen musste, hat bessere Antworten auf den Extremismus und Populismus gefunden als wir selbst. Das lag vermutlich daran, dass sie die Gefahr besser erkennen und abschätzen konnten. Wir brauchen hier mehr Liebe zu Deutschland, gleichzeitig müssen wir auch mehr Liebe zu unserer Demokratie aufbauen. Das kann aber nicht gelingen, wenn die Politik ein Teil des Problems ist, statt der Lösung. Es reicht eben nicht aus, einfach nur Floskeln von sich zu geben und nichts für die (politische) Bildung in diesem Land zu tun. Auch ist zu hinterfragen, wie der Föderalismus letztlich die Entwicklung im Bildungsbereich stoppt und ausbremst. Hier bedarf es klarer Reformen – und diese liegen seit Jahren in den Schubladen, weil sich niemand an das heiße Eisen heranwagt.

Ein Europa – ohne Briten und Zweifler bitte!

Europa ist eine Idee gewesen, um Frieden auf den Kontinent zu bringen. Es war nie ein Selbstzweck für einen bestimmten Staat oder eine bestimmte Nation. Europa, diese Idee war die vereinigte Kraft einer ganzen Reihe von Staaten, die im Inneren und auch Äußeren einen gemeinsamen Nenner, die Demokratie, nach außen tragen sollte. Doch wir haben es mit schwierigen Zeiten zu tun. Zuerst gab es Euro-Skeptiker, die vor allem Kritik an der gemeinsamen Währung hervorbrachten, dann gab es Europa-Skeptiker, die es bis in die Parlamente schafften und für Unruhe sorgten. Einen Höhepunkt erlebten die Europa-Skeptiker, als die Briten sich ernsthaft nach einem Referendum für den Ausstieg entschieden.

Jetzt kämpft man darum, eine Lösung zu finden, um den Brexit weniger schrecklich und abgefedert hinter sich zu lassen. Doch das Ganze lässt weiter am System Europa zweifeln. Wenn wir – in der Politik und in unserem Handeln – als Europa nicht erklären können, warum einem Land, das herauswill, weiterhin irgendwelche Zugeständnisse gemacht werden, während die Jugendarbeitslosigkeit und die Haushaltsdefizite in den Mitgliedsstaaten weiterhin auf hohem Niveau sind, dann funktioniert das System Europa nicht. Die Europäische Union muss – auch zur Wahrung der Demokratie – endlich sich dazu besinnen klare Fakten zu schaffen. Es darf keine Politik der ruhigen Hand geben, die nur noch abwartet und zuschaut, während dadurch alle in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Idee von Europa und der Europäischen Union ist die Solidarität und das Zusammenspiel aller Staaten. Für Egoismus sollte kein Platz sein und doch machen wir uns angreifbar und vor allem erpressbar, wenn wir Staaten gegenüber, die nicht mehr an die Idee glauben, Zugeständnisse machen. Ebenso verlieren wir das Vertrauen der Europäerinnen und Europäer, wenn entgegen jedweder Vernunft Abkommen in Hinterzimmern ausgehandelt und nicht auf dem parlamentarischen Wege verabschiedet werden. Geht es uns um die Zukunft Europas, dann braucht es massive Reformen. Ob die Vereinigten Staaten von Europa, eine gemeinsame Armee oder die Abgabe von Kompetenzen in der Gesetzgebung wirklich weiterhelfen, mag ich aktuell sehr bezweifeln. Doch die bisherige Lösung zeigt, wie anfällig das System für die Konflikte ist, die kleine und große Staaten auslösen können. Und nach Großbritannien werden die weiteren Krisen, sei es mit Ungarn oder Italien, folgen. Und dafür müssen wir gewappnet sein.

Damals und Heute

Ich habe natürlich einen weiteren Blick auf die Geschichte, aufgrund der Herkunft meiner Eltern. Als die moderne Türkei durch Mustafa Kemal Atatürk ausgerufen wurde, ahnte man noch nicht, dass bis in die 50er Jahre hinein eine Ein-Partei-Diktatur etabliert werden würde. Was jedoch mehr wog, ist die Tatsache, dass der Staatsgründer selbst kein Vertrauen in die Bildung des Volkes hatte. Es musste erst herangeführt werden an die Demokratie und damit einhergehend gab es auch eine Bildungsdiktatur, die vor allem die Menschen auf dem Land und den Analphabetismus in Angriff nahm. Diese Diktatur sollte – im gleichen Sinne wie bei Lenin – den Weg in die Demokratie ebnen.

Schaute man damals auf Europa, so war es schlecht bestellt um die Demokratie. Sie wurde als Schein-Demokratie betitelt und den Menschen wurde aus Sicht der Kommunisten, aber auch der Laizisten in der Türkei, nur vorgegaukelt, wir hätten funktionierende Demokratien. Mit der Weimarer Republik war man auf einem guten Weg, dachte man. Doch das System war für eine Diktatur anfällig, der Missbrauch durch die Nazis und Adolf Hitler machte es uns erschreckend deutlich. Alles, was als besonderer Wert errungen wurde, war für die Katz. Erst unsere neue Verfassung, unser Grundgesetz, hat mit klaren und unabänderlichen Regelungen für eine neue Ära gesorgt. Sie wird nun 70 Jahre alt und weder hat sie ausgedient, noch ist sie infrage zu ziehen. Sie ist unbestritten beständig geblieben, als ein Anker für unser Deutschland und für die Menschen, die dieses Land wirklich lieben.

Unser Grundgesetz ist toleranter als die meisten von uns

Unser Grundgesetz ist nicht nur ein Minimalkonsens, es erlaubt uns heute so zu leben, wie wir möchten. Es fordert von uns nur, dass wir die Gesetze achten. Es ist nicht so, wie es oft geschildert wird, dass das Grundgesetz für uns selbst über alles stehen muss. Nein. Das Grundgesetz toleriert selbst die Intoleranz dagegen. Dafür zeigt es aber auch die Grenzen auf und formt eine Gesellschaft, die wir – in der Mehrheit – als offen bezeichnen würden. Doch auch das Grundgesetz ist nicht vor Gefahr gefeit. Ein Ergebnis dieser Erkenntnis ist ja auch der Verfassungsschutz, der die Bedrohungen beobachten und benennen soll. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass wir es je wieder mit totalitären Systemen zu tun haben, in dem unsere Grundrechte abgeschafft werden. Insofern ist die Gefahr von damals heute so präsent wie noch nie. Wir haben aber eine wehrhafte Demokratie, die es zu nutzen gilt.

Und wir müssen auch die Grenzen, die uns das Grundgesetz in unseren Freiheiten teilweise gesetzt hat, überdenken. Dazu zählt beispielsweise das Verständnis von Ehe (mittlerweile als Ehe für Alle) genauso, wie unser Verständnis von Diskriminierung und Menschenrechten. Manchmal habe ich den Eindruck, unsere Toleranz ist unbegrenzt, während wir es bei Themen, wie der Ehe für Alle oder dem dritten Geschlecht, vor allem mit einer sehr eingeengten Sichtweise zu tun haben. Thomas Bauer würde sagen, wir streben nach Eindeutigkeit. Unsere Welt ist aber vieldeutig und vielleicht müssen wir mehr um diese Vieldeutigkeiten kämpfen und vor allem toleranter im Umgang mit dieser Vielfältigkeit sein. Wer beispielsweise ein Bild bei der Deutschen Bahn zum Anlass nimmt, eine Identitätsdiskussion vom Zaun zu brechen, lebt genau diese Engstirnigkeit, die verhindert, dass wir uns weiter entwickeln. Insofern ist noch viel zu tun.

Chancengleichheit für alle

Wie ich es oben schon beschrieben habe: Wir brauchen vor allem Chancengleichheit. Das fängt nicht nur an der Schule für Minderheiten oder Menschen aus unteren sozialen Schichten an. Das fängt auch beim Geschlecht an, bei den Rechten und auch bei der Bezahlung. Wenn Frauen heute noch, nach 100 Jahren Wahlrecht, für die gleiche Arbeit schlechter entlohnt werden, als ihre männlichen Kollegen, dann läuft was gewaltig schief. Schaut man sich die Untersuchungen weiter an, stellt man fest, dass auch männliche Homosexuelle finanziell weniger verdienen als ihre heterosexuellen Arbeitskollegen. Auch hier greift der Pay Gap zu und auch hier wird diskriminiert. Doch das Problem wird nicht gelöst, wenn man auf die Selbstverbesserung des Marktes hofft.

Ich bin aber auch der Auffassung, dass wir vor allem ein liberales Verständnis von einer offenen Gesellschaft brauchen, in der Leistung – egal von Herkunft, Geschlecht, Alter oder Religion, gleich behandelt und gleich entlohnt werden muss. Diskriminierung findet heute nicht nur in der Arbeitswelt statt, sondern auch im Alltag – wir kriegen es nur oft nicht mit. Beim Bäcker, bei der Wohnungssuche, in der Bahn oder auch vor Gericht wird diskriminiert. Das geschieht täglich und über diese Thematiken sprechen wir gar nicht. Dabei hat unser Grundgesetz längst geklärt: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Wir pfeifen aber auf diesen ersten Artikel und erheben uns über das Grundgesetz. Das muss sich ändern. Wir müssen mehr über das Grundgesetz im Unterricht und auch in der Politik sprechen und diskutieren. Denn nur so kann ein gesellschaftliches Bewusstsein für die aktuellen Probleme unserer Gesellschaft geschaffen werden. Und dazu zählt neben Chancengleichheit und Gleichberechtigung auch Inklusion. Wenn wir Menschen aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Einschränkungen behindern, dann ist das würdelos und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Es bedarf aber heute noch höchstrichterlicher Entscheidungen um Diskriminierungen in diesem Bereich endlich abzuschaffen. Eine Schande für uns, gerade im 70. Jahr unseres Grundgesetzes.

Demokratie und Meinungsfreiheit

Ich habe viel in meinem Leben erlebt – vor allem aber musste ich mich viele Jahre immer wieder selbst zensieren und immer wieder gegen Zensur kämpfen. Selbst heute noch kommen Leute auf mich zu und sagen: Hör auf zu bloggen, dann können wir mit dir zusammenarbeiten. Ich pfeife auf solche Angebote. Und ich bin bereit den Preis dieser Freiheit, die ich mir nicht nehmen lasse, zu zahlen. Das ist es mir wert. Denn bloggen ist Freiheit. Ich mache mit meinen Artikeln auf Dinge aufmerksam, die viele Menschen nicht sehen. Ich decke manchmal Skandale auf und ich bin ein warnendes Korrektiv gegenüber sich unbesiegbar fühlenden Organisationen und Fundamentalisten. Und ja, es gibt Menschen, die lesen meine Texte und fühlen sich danach wohler. Das schreiben sie mir und ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert, dass ein einfacher Blogger, wie ich, so viel Zuspruch aber auch Kritik bekommt.

Die Meinungsfreiheit ist uns – aus meiner Sicht – von Gott gegeben. Gleichzeitig ist sie auch ein wichtiges Merkmal unserer Demokratie und eine unabänderliche Position in unserem Grundgesetz. Doch auch Meinungsfreiheit hat seine Grenzen. Während man in Amerika unter Meinungsfreiheit selbst Beleidigungen abgeben kann, sind wir in Deutschland zum Glück erwachsener und lassen nicht zu, dass man über die Stränge schlägt. Und wer es doch tut, der muss, wie Jan Böhmermann, eben mit einer Klage rechnen – auch durch Erdogan. Es gibt in diesem Land natürlich auch Denkverbote. Auch wenn wir es nicht gerne zugeben möchten, aber es gehört dazu. Niemand darf beispielsweise in diesem Land den Holocaust in Zweifel ziehen und das ist auch gut so.

Und keiner kann auf die Idee kommen, sämtliche Steuern für die Bevölkerung streichen zu wollen. Wo wir nämlich hinkommen würden, wenn jeder einfach falsche Dinge erzählt und fordert, sehen wir an dem Phänomen der Fake News (oder ganz klassisch: medialen Enten) die uns täglich präsentiert werden. Wohin mittlerweile Fälschungen führen können, wenn Parteien durch falsche Nachrichten versuchen sich zu positionieren und was es bedeuten kann, wenn die Menschen einen Präsidenten an der Macht haben, der einfach nur lügt und gegen alle über Twitter hetzt, sehen wir tagtäglich mit einem einfachen Blick in die sozialen Medien oder Tageszeitungen (je nach Generation).

Dankbarkeit, Demut und Kritik

Wir sollten dankbar dafür sein, dass wir eine vernünftige Demokratie haben, die neben allen Freiheiten auch Grenzen kennt. Ist unsere Demokratie vollkommen? Nein. Das zeigen auch einige Indizes zum Thema Demokratie. Aber letztlich ist unsere Demokratie gerade durch ihre Unvollkommenheit besser als viele andere Demokratien. Und demütig wie wir sind, sollten wir auch hier schauen, was uns eigentlich fehlt, um eine vollkommene Demokratie sein zu können.

Wir leben in einem Land, das reich ist an Kultur und an Schätzen. Wir müssen vielleicht nur wieder anfangen über die Aufteilung zu sprechen und darüber wie wir kommende und ältere Generationen behandeln. Denn ja: Auch mich schmerzt es sehr, dass in unserem Land, mit einer solch schönen Verfassung und Demokratie, ältere Menschen Müll aus Mülltonnen sammeln müssen. Wir können uns deshalb nicht auf die Schulter klopfen, weil das Grundgesetz 70 Jahre alt geworden ist. Nicht unter diesen Bedingungen, wonach Menschen kaum Geld zum Überleben im Alter haben und die Grundsicherung längst nicht reicht.

Unser Grundgesetz garantiert auch den Schutz des Lebens. Und ein menschenwürdiges Leben ergibt sich aus meiner Sicht, wenn man mehrere der Artikel zusammenhängend betrachtet. Leben hört nicht auf, wenn jemand Rentner geworden ist. Vielleicht sollten wir auch darüber sprechen und aufhören solche Debatten zu tabuisieren. Leider verkneift sich die Politik das Thema und spricht lieber über andere Dinge. Doch ich denke, dass wir mehr Mut zur Wahrheit brauchen. Unsere Demokratie ist in Gefahr, weil wir mittlerweile vielen Menschen, die sie akzeptieren und schützen wollen, nichts bieten können, damit sie in Würde leben können und dürfen. Und auch das gehört zur Wahrheit: Eine Demokratie ist für die Menschen unwichtig, wenn sie ihnen nicht im Gegenzug Schutz und Entfaltungsmöglichkeiten bietet.

Dieser Beitrag ist für die Blogparade #DHMDemokratie – Was bedeutet mir die Demokratie? des Deutschen Historischen Museums in Berlin entstanden. Unter dem Hashtag #DHMDemokratie teilen vom 30. April 2019 bis 28. Mai 2019 viele Akteure ihre Meinung zu 100 Jahren Weimarer Republik mit.

1 Kommentar
  1. Liebe Akif,

    ich kam erst jetzt dazu, deinen inhaltsgeladenen Blogpost – eine Preview zur Blogparade #DHMDemokratie zu lesen. Du hast die meisten Punkten von uns aufgegriffen und jeder einzelne verdient hier eine besondere Besprechung. Sehe ich jetzt die anderen Beiträge, die seit Start eingingen, dann findet sich einiges von deinen Gedanken anders neben weiteren wieder. Mich faszinierten vor allem die von Davidssterne, Bedeutungonline, aber auch Wortläufer, letztere geht auf Bildung aus Kindersicht ein mit faszinierenden Buchtipps.
    Pierre von Bedeutungonline betont, dass die Demokratie Freiheiten ermöglichte, deren Entwicklung zur Selbstverständlichkeit diese am Ende in Vergessenheit geraten ließen. Auch Davidssplitter weist daraufhin, das wir benennen müssen, was wir genau meinen, wenn wir von Demokratie sprechen, da sie vielfältige Ausprägungen besitzt.

    Und keine Frage: Bildung und Demokratie sind gewichtig. Hier ist früh anzusetzen, um Toleranz und Meinungsvielfalt auch tatsächlich zu zulassen. Eben damit bildungsferne Schichten nicht allein aufgrund der Namen einen schlechten Start haben. Aktuell wird mir in mancher Hinsicht Angst und Bange und genau deshalb ist das Thema wichtig, zu diskutieren. Als Bloggerin und Mitglied des Bloggerclub e.V. unterstreiche ich mit Vehemenz deine Aussagen zur Meinungsfreiheit gelbt durch Blogger. Aber auch hier gibt es staatlicherseits Bestrebungen einzuschränken, weil Blogger nicht als Bestandteil der Medienlandschaft begriffen werden. Das belegen jüngst die Vorschläge zur Verhinderung terroristischer Inhalte im Netz. Ein wichtiges Unterfangen, das jedoch differenzierter angegangen werden muss. Aber jetzt werde ich zur Vertreterin des Bloggerclubs und breche besser ab.

    Auch deinen Blog lernte ich über die Blogparade kennen und dafür schätze ich diese Initialzündungen sehr. Merci für dein Mitmachen!

    Sonnige Grüße aus München
    Tanja von KULTUR – MUSEUM – TALK

    P.S.: Hier noch die URL zur Verlinkung auf die Einladung zur Blogparade #DHMDemokratie: http://www.dhm.de/blog/2019/04/30/blogparade-was-bedeutet-mir-die-demokratie-dhmdemokratie/

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