Während meine Freunde sich für Umwelt-Themen einsetzten oder für Geflüchtete aktiv in der humanitären Arbeit mitwirkten, verbrachte ich meine Zeit lieber mit Vorträgen und letzten Mentoring-Projekten für junge Menschen. Als sie auf das Phänomen Greta Thunberg aufmerksam wurden, habe ich mich lieber mit Thesen zur institutionellen Etablierung von nachhaltigen Projekten beschäftigt. Greta Thunberg war mir egal. Ich brauchte niemanden, die mir sagt, dass die Welt untergehen wird. Mein Glaube sieht einen solchen Untergang so oder so kommen. Und für die Umwelt tue ich schon mehr als ich mir selbst überhaupt gestehen würde.
Mein fehlendes Interesse veränderte sich jedoch vor ein paar Wochen. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos wurde ein Bild geschossen, dass von einer Agentur so gekürzt wurde, dass eine bestimmte Aktivistin nicht mehr darauf war. Vanessa Nakate, 23 Jahre alt und aus Uganda setzt sich für Umweltschutzthemen ein und ist eine ebenfalls bekannte Klimaaktivistin. Sie wurde aus dem Gruppen-Bild gestrichen, weil angeblich ein paar Redakteure die Bildkomposition so besser fanden. Es liegt nahe, dass es daran lag, dass ein rassistischer und übereifriger Redakteur das nicht-weiße Mädchen aus dem Bild schnitt.
Was macht den Unterschied bei Greta Thunberg aus?
Doch warum sind Menschen wie Nakate, gerade bei uns in Deutschland, weniger bekannt als die schwedische Klimaaktivistin mit dem Asperger Syndrom? Dieser Frage nachgehend, beschäftigte ich mich das erste Mal richtig mit Thunberg und habe mir deshalb vor ein paar Tagen ihr Buch „No one is too small to make a difference“ besorgt. Ich wollte verstehen, was Thunberg anders macht, warum sie immer wieder zur Zielscheibe von „alten, weißen Männern“ wird und warum ihr so viel Hass entgegengebracht wird, obwohl sie mit Fakten auf ein echtes Problem (Auslöschung der Menschheit) hinweist.
Ich wollte auch verstehen, was man eigentlich in all den Diskussionen von ihr will. Am Ende wurde ich bitter enttäuscht. Denn auf allen Seiten von insgesamt 106 des englischen und erweiterten Werks sagt Thunberg eigentlich immer wieder das Gleiche. Sie weist auf die Zahlen des Weltklimarates (IPCC) hin, fordert die Politik zum Handeln auf und schimpft über die Untätigkeit aller Weltstaaten. Es gibt in diesem Buch, dass viele verschiedene Reden beinhaltet, tatsächlich keinen neuen Erkenntnisgewinn oder etwas, was Thunberg wirklich wichtig macht. Im Gegenteil.
Greta Thunberg ist bescheiden und besorgt
Wir haben es in dem Buch mit einer sehr bescheidenen und besorgten Person zu tun, die außerdem mit dem Asperger-Syndrom gesegnet ist. Thunberg leitet eine weltweite Bewegung als Idol und Identifikationsfigur, bleibt dabei aber fast immer ihrer Linie treu. Ihre Worte sind deshalb immer gleich, sie wiederholt sich gerne und im Grunde wird das erzählt, was man auch in ihrem Ted-Talk schon immer gehört hat. Das, was Thunberg fordert, ist letztlich eine Revolution und gleichzeitig ein Aufruf zu zivilem Ungehorsam, weil die Politik und die Verantwortlichen nichts tun wollen, um unsere Welt vor dem Untergang zu schützen.
Es ist immer die gleiche Anklage. Dagegen sind Menschen, die sich für den Urwald engagieren oder wie Nakate in Uganda auf Umweltthemen aufmerksam machen, deutlich interessanter und vor allem aktiver unterwegs. Wenn man bedenkt, dass Nakate anfangs sogar Schwierigkeiten hatte junge Menschen für den Streik zu begeistern, weil diese Angst um ihr Leben und vor Strafen hatten, kann man Thunberg nur belächeln. Denn Thunberg kommt aus Schweden und ist, gemessen an anderen Lebensläufen, weitestgehend als privilegiert zu betrachten.
Sie ist eine Inspiration für viele Menschen
Der wesentliche Aspekt, den Thunberg tatsächlich anders macht, kann man folgendermaßen zusammenfassen: Sie ist eine Inspiration für viele junge Menschen in aller Welt, die sich für das Klima engagieren. Auch Nakate hat sich von Thunberg inspirieren lassen, als sie ihren eigenen Protest und ihr Engagement bei Fridays for Future gestartet hat. Insofern ist der Unterschied den Thunberg tatsächlich ausmacht, nicht in ihren Worten zu suchen, sondern in ihrem Handeln.
Wir haben eine Person vor uns, die nicht in verschiedenen Kategorien denkt, sondern in Schwarz und Weiß. Die konsequente Forderungen stellt und sich immer und immer wiederholt, weil sie sich nicht ernst genommen und verstanden fühlt. Gleichzeitig warnt sie die Menschheit, auf Fakten basiert, vor der größten Katastrophe unserer Weltgeschichte, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Thunberg erfüllt insofern alle Kriterien einer Prophetin, zumal sie selbst ihre eigene Entwicklung als Klimaaktivistin als Eingebung beschreibt.
Fazit zur Autorin
Wenn man jungen Menschen für die Zukunft ein Vorbild geben möchte, damit sich diese für das Klima und die Umwelt engagieren, dann ist Greta Thunberg gar nicht mal die verkehrteste Wahl. Es gibt aber Lebensläufe, die uns im ersten Schritt interessanter erscheinen. Es fehlt diesen Lebensläufen aber an dem, was wir oft bei Führungspersonen wünschen: Charisma. Auch wenn dies von vielen Menschen verneint wird, Thunberg hat ein gewisses Charisma.
Und dies erkennt man auch in ihren Reden und ihrem Buch, dass diese Reden zusammenstellt. Thunberg inspiriert, sie ist klar in ihren Ansprachen, sie ist klar in ihren Forderungen und sie brennt für ein Thema, dass ihr mehr als am Herzen liegt. Sie bringt eigentlich dar, was wir sehr oft bewundern würden, wären wir nicht alle so verkappte Wesen: Aufopferung für ein höheres Ziel. Insofern kann man dankbar sein, in unserer Zeit eine solche Person zu haben, der das Wohl aller wichtiger ist, als ihre verpassten Schulstunden.
Autor: Greta Thunberg
Titel: No one is too small to make a difference
ISBN: 978-0-141-99271-6
Greta Thunberg: No one is too small to make a difference