Wir neigen dazu, Dinge zu überdenken. Dabei geben wir uns vorwiegend Mühe, Dinge zu verstehen, die wir eben nicht verstehen können. Häufig ist uns nicht mal klar, was passiert ist. Wir nennen das Reflexion. Doch eigentlich ist es ein Trieb unseres Egos. Wir wollen nicht akzeptieren, dass es Dinge gibt, für die wir keine Antworten haben. Vermutlich versuchen wir uns deshalb diese Szenarien genauer auszumalen, die zu den Geschehnissen führten, die wir Leben nennen.
Eigentlich ist das Leben eine Summe von Wahrscheinlichkeiten. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein junger Mann aus einem Elternhaus von Arbeitern und Landwirten aus der Türkei ein Studium aufnimmt an einer renommierten Hochschule in Deutschland? Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Ärztin einen Klempner heiratet, weil die gesellschaftlichen Vorgaben es nicht als „konform“ erachten? Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Ehe hält?
Ich sitze im Wohnzimmer, die Couch ist ausgeklappt und die warme Decke über meinen Körper gelegt. Es ist wieder eine Nacht, wie viele andere zuvor, in der sich die Augen nicht schließen wollen. Die Gedanken kreisen immer wieder um das „warum?“. Das Herz versteht noch lange nicht, was der Verstand schon längst sich in tausend Variationen ausgemalt hat. Das Bauchgefühl trügt meistens nicht.
So vergeht die Nacht in Gedanken, ehe am dunklen Morgen eine Nachricht einen erreicht und alles bestätigt, was man geahnt hat. Vermutlich ist die sog. Intuition der beste Ratgeber, den ein Mensch haben kann. Sie funktioniert aber nicht mit dem, was unser Ego für uns erwartet. Sie funktioniert nicht mit dem Verstand. Gefühle sind nicht voraussehbar. Vermutlich ist das der Grund, warum das Leben – trotz allem – so lebenswert bleibt. Wahrscheinlichkeiten hin oder her …
Wahrscheinlichkeiten