Wie kann man sich glücklich fühlen und glücklich sein? Was ist eigentlich Glück und wie wird man eigentlich glücklich? Und wie schafft man es glücklich zu bleiben?

Glücklich sein — was ist eigentlich Glück?

“Denn das Glück, sagte er sich, ist nicht, geliebt zu werden; das ist mit Ekel gemischte Genugtuung für die Eitelkeit. Das Glück ist, zu lieben und vielleicht kleine, trügerische Annäherungen an den geliebten Gegenstand zu erhaschen.”

Thomas Mann in Tonio Kröger

Tonio Kröger von Thomas Mann. In meiner Jugend habe ich dieses Meisterwerk im Schulunterricht verschlungen. Es half mir durch die vermutlich schwerste Zeit meines Lebens. Mit einem nüchternen Blick auf diese Vergangenheit, weiß ich heute, dass dieser eine Spruch aus dem Buch so viel Wahrheit in sich trägt, wie kaum eine andere Weisheit in dieser Welt. Liebe, das ist eine wichtige Zutat, um glücklich zu sein. Erfüllte Liebe hingegen nicht. Es muss unerfüllte Liebe sein. Erfüllte Liebe macht uns aus einem unbekannten Grund häufig unglücklich.

Wir neigen dazu, uns unglücklich zu fühlen

Glücklich sein ist auch eine Erfordernis an Selbstreflexion. Der Mensch neigt dazu, sich seines positiven Zustands oft nicht klar zu sein. Erst mit sehr viel Abstand kann der Mensch seinen Zustand von früher besser einschätzen und reflektieren. Das ist eines der Gründe, warum man, trotz aller guten Dinge um einen herum, immer noch unzufrieden ist und sich (für den Moment) unglücklich fühlt. Man bemerkt die schönen Dingen um sich herum nicht. Oder man bemerkt sie leider viel zu spät und kann sich nicht glücklich sein.

“Ich habe geweint, weil ich keine Schuhe hatte, bis ich einen traf, der keine Füße hatte.”

Giacomo Leopardi

Der Google-Ingenieur Mo Gawdat hat zum Thema vor einiger Zeit ein Buch herausgebracht. Der Mann hat alles, was es eigentlich benötigt, um glücklich zu sein. Geld, Frau, Familie, Beruf und Freunde. Dennoch fiel es ihm schwer, sich glücklich zu fühlen. Nach dem Tod seines Sohnes schaffte er es nicht mehr sich seines Glückes bewusst zu sein. Stattdessen hat er sich selbst sabotiert. Er wurde unglücklich. Als Lösung schlägt er ein paar einfache Tipps vor. Gleichzeitig gibt er aber auch zu bedenken, dass seine Tipps für Menschen mit Depressionen ungeeignet sein könnten.

Depressionen verhindern, sich glücklich zu fühlen

Ich hake an dieser Stelle ein. Seit längerer Zeit bin ich depressiv und diesbezüglich auch in Behandlung. Ich spreche nicht gern über das Thema, auch weil viele Menschen nicht richtig verstehen, was eine Depression ist und wie sie sich ausdrückt.

Bei mir hat es vorwiegend mit Schlaflosigkeit und Existenzangst zu tun. Immer wenn es wieder schlimmer wird, muss ich auch angstlösende Medikamente nehmen. Psychologische Unterstützung brauche ich — anders als andere Leidgenoss:innen — glücklicherweise nicht (mehr). Obwohl es in den vergangenen Jahren eher ruhiger geworden ist, bleibt die Depression da.

In den letzten Jahren, insbesondere, nachdem meine Tochter geboren wurde, habe ich eine andere Auffassung über meine Krankheit erlangt. Ich sehe meine Krankheit als Gabe und Gnadengeschenk für mich an. Immer wenn ich das Gefühl habe, etwas stimmt nicht, versuche ich wieder etwas zu unternehmen, meinen Alltag umzugestalten und einfach mal herauszukommen aus dem Leben, das ich so führe.

Für mich bedeutet es, mich zu ändern oder die Situation in der ich mich befinde zu ändern. Ich zähle mir dabei aber auch die vielen Dinge auf, die ich habe, die mir guttun und die ich nicht vermissen möchte. Es ist ein positiver Blick auf das Leben, auch wenn es gerade mal nicht positiv zu sein scheint.

Was benötigt man, um sich glücklich zu fühlen und glücklich zu sein

Die Tipps des Google-Ingenieurs sind aus meiner Sicht etwas unzureichend. Es ist richtig, die Perspektive und Sicht auf die Dinge zu ändern. Das kann helfen, die Dinge besser einzuordnen und Verborgenes zu sehen. Doch die Einstellung muss auch stimmen. Als Muslim:innen sprechen wir immer von Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer.

Wir sagen “alhamdulillah”, was nichts anderes als “Lob sei Allah” oder “Dank sei Allah” bedeutet. Wir bedanken uns direkt beim Schöpfer für seine Gaben, für seine Gunst und dafür, dass es uns und unseren Lieben gut geht. Man muss kein gläubiger Mensch sein, um dankbar für die Dinge zu sein, die man hat.

“Warum sollte Allah euch strafen, wenn ihr dankbar seid und glaubt? Allah ist erkenntlich und wissend.”

Koran; Sure 4, Vers 147

Funktionierendes Umfeld

Dankbarkeit ist aber nicht allein tragend, um Menschen glücklich zu machen. Wir benötigen auch ein funktionierendes Umfeld. Soziale Kontakte sind wichtig. Der Mensch kann nicht allein funktionieren. Freunde, Familie und Arbeit prägen und schützen einen. Sie sind ein Faktor beim glücklich sein.

Und wenn dieses Umfeld nicht stimmt, dann sollte man neu justieren. Begegnungen können neu stattfinden, Freundschaften neu geknüpft und selbst Familien können neu zusammenwachsen. Wichtig ist aber, dass das Umfeld einen positiv ausstattet und nicht ausbremst. Es darf einen nicht im negativen Sinne belasten.

Positives Denken

Da wären wir aber auch schon beim wichtigsten Thema: positives Denken. Es hört sich banal an, aber man verpasst viel, wenn man nicht positiv eingestellt durch das Leben geht. Studien zeigen, dass sich positive Gefühle auch positiv auf unsere Gesundheit auswirken können.

Es ist daher wichtig, sich einerseits positive Gedanken zu machen, das Glas etwa halb voll zu sehen, andererseits aber auch selbst für positive Erlebnisse zu sorgen. Das kann schon mit der Einstellung einhergehen, dass man etwas Positives erreichen will.

Keine schlechten Nachrichten

Ich erwähne hier auch als ein Beispiel gern Goethes Mutter. Catharina Elisabeth Goethe war eine geistreiche und warmherzige Person, die sich ihr unbeschwertes Gemüt mit aller Kraft zu erhalten versuchte. So wird berichtet, dass sie sich von ihrem Umfeld auch keine schlechten Nachrichten überbringen ließ, um zu verhindern, dass sie schlechte Laune bekommt.

Dieser Umstand wurde sogar teilweise später als eine Krankheit eingestuft. Dabei war Frau Mutter Goethe eine Person, die dem Leben stets etwas Positives abgewinnen konnte. Das zeigt sich in den zahlreichen Briefen an ihren Sohn, Johann Wolfgang.

Selbsterfüllung und Selbstakzeptanz

Die Selbsterfüllung als Möglichkeit zum glücklich fühlen und glücklich sein, ist ebenfalls belegt. Es gibt Fälle, die ich kenne. Erst durch ihr ehrenamtliches Engagement haben sich diese Menschen sich selbst erfüllend betätigt und sind so positiv durchs Leben gegangen.

Dies kann nur dann funktionieren, wenn man sich selbst akzeptiert. Selbstakzeptanz lautet das andere Stichwort. Um es klar zu sagen: Ihr, meine Leser:innen, seid wunderschön. Auf eure Art. Und ihr solltet euch selbst lieben — so wie ihr seid. Wer anderen helfen will, muss zuerst sich selbst akzeptieren.

Erinnern an den Tag

Und dann bleibt noch der letzte Punkt. Wie bewusst schauen wir eigentlich auf unser Leben? Seit ich angefangen habe, jeden Abend noch einmal mich selbst zu fragen, was ich heute erreicht habe, geht es mir besser. Denn allein das Erinnern an den Tag und die vielen schönen Dinge, die man getan hat, machen einen glücklich. Und wenn man dann eine Tochter hat, die sich weigert ins Bett zu gehen, und mit einem lange streitet und verhandelt, dann weiß man auch den Stress im Büro besser zu schätzen.

Fazit fürs glücklich sein

Glücklich sein ist also nicht schwer. Sich glücklich fühlen hingegen ist eine Herausforderung. Glücklich sein ist — mit viel Einsatz und Zeit — erreichbar. Und wer es schafft sich glücklich zu fühlen und glücklich zu sein, der hat deutlich mehr vom Leben.

Dies ist eine Überarbeitung des ursprünglichen Beitrags aus dem Jahr 2017.

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